Ja, die Leine. Eine unselige Notwendigkeit, ein notwendiges Übel und leider erschreckend oft die einzige stabile Verbindung zwischen einem Mensch und seinem Hund.
In einer natürlich gewachsenen Verbindung zwischen Mensch und Tier kommt ein solches Fessel-Instrument nicht vor. Denn eine natürlich gewachsene Verbindung zwischen zwei Lebewesen ist selbstverständlich nicht mechanischer oder materieller Natur. Es handelt sich da vielmehr um eine innere Verbindung, ich sage mal: von Psyche zu Psyche.
Um es vorwegzunehmen: wirklich leinenführig ist nur derjenige Hund, der ohne die Leine nichts anderes macht als an der Leine.
Leider ist den allermeisten Menschen dieses nicht bewusst und sie betrachten die Hundeleine als Machtinstrument.
Das ist natürlich vollkommen falsch.
In Wahrheit kann die Leine in einer intakten Mensch-Hund-Beziehung immer nur die Rolle eines Hilfsmittels spielen. Ein Mittel, um eine Richtung zu weisen. Ein Mittel, um eine Grenze klar zu machen. Ein Mittel, um im Hirn des Hundes die Wünsche des menschlichen Partners begreifbar zu machen.
Und nicht ein Mittel, um eine so genannte Strafe auszuteilen, mechanische Gewalt anzuwenden oder – schlimmstenfalls – schmerzhafte Gemeinheiten zu verüben, etwa über die früher üblichen Korallenhalsbänder.
Aber leider geht im Bewusstsein der meisten Hundehalter die eigentliche Bedeutung der Leine unter der rein mechanischen Einwirkung unter und es wird vollkommen vergessen, dass dieses Hilfsmittel eigentlich den Rang hat, den Arm zu verlängern, etwa so wie die Anwendung von Gerten und Peitsche in anderen Zusammenhängen der Arbeit mit Tieren auch in keinster Weise der Schmerzverursachung dienen, sondern eben die Reichweite verlängern.
Vielleicht hat der eine oder andere Leser meiner Texte bereits bemerkt, dass ich mich gern an ursprünglichen Verhältnissen orientiere und das, was unsere so genannte Zivilisation in unseren Zeiten uns aufzwingt, eher als Abweichung von der Normalität betrachte.
Natürlich ist mir bewusst, dass in der heute üblichen Umgebung die Begrenzung durch die Leine in vielen Situationen sinnvoll oder gar unerlässlich ist. So kann man etwa Hunde nicht einfach mit fremden Hunden zusammen kommen lassen. Das kann ganz übel enden. Und natürlich sind die Erfordernisse des Straßenverkehrs denaturierende Umwelteinflüsse. Und dann gibt es auch noch Leute, die Angst haben, wenn sie einem Hund begegnen. Auch auf diese muss man Rücksicht nehmen und ein angeleinter Hund ist eben weniger bedrohlich.
All das bringt es mit sich, dass sich die wenigsten der eigentlichen Bedeutung und Einsatzmöglichkeit der Leine bewusst sind.
Aber auch viele Gesetze unterstützen die unnatürliche Einstellung zur Hundeleine. Das Thema Leinenzwang ist da ein Dauerbrenner. Ich möchte das hier nicht vertiefen, es ist ein eigenes Stichwort wert.
Dann gäbe es sicher noch etwas zu den verschiedenen Leinen zu sagen.
Mit einer handelsüblichen Führleine hat man sicher die direkteste Einwirkung auf seinen Hund. Handelsüblich sind aber auch die Auszieh-Leinen, die dem Hund mehrere Meter Bewegungsraum lassen. Viele Hundebesitzer und Hundeerzieher halten diese Leinen nicht für nützlich, sondern sind eher der Meinung, dass man einen Hund daran nicht sinnvoll führen kann. Ich habe lange ebenfalls zu denen gehört, die solche Leinen ablehnen. Aber ich habe meine Ansicht dazu geändert. Und zwar als Tribut an die oben schon erwähnten heute üblichen Verhältnisse. Man kann nämlich durch die Verwendung einer solchen Leine, die bekannteste ist wohl die Flexi, dem Hund trotz Leinenzwang einen gewissen Bewegungsspielraum verschaffen. Früher habe ich immer behauptet, dass man an der Verwendung einer solchen Leine diejenigen erkennen kann, die nicht in der Lage sind ihren Hund wirklich zu erziehen. Außerdem war ich wie viele andere der Ansicht, dass der Hund dadurch etwas lernt, was er sonst nicht tun soll. Nämlich das Ziehen am Halsband. Inzwischen habe ich aber selbst einige Jahre solche Auszieh-Leinen angewendet, um den widrigen Verhältnissen durch den Leinenzwang Rechnung zu tragen und trotzdem den Hunden nicht zuzumuten, ständig bei Fuß zu gehen.
Ich habe festgestellt, dass ich noch keinen Hund angetroffen habe, der nicht nach kurzer Zeit gelernt hat, sich an der Auszieh-Leine ähnlich zu benehmen wie im Freilauf – nur mit der entsprechenden Begrenzung eben – und andererseits absolut zu unterscheiden, wann der Zug am Halsband nicht mehr erlaubt ist, nämlich wenn die andere Leine verwendet wird oder wenn der Befehl „bei Fuß“ kommt. Man darf allerdings nicht den Fehler machen, diese Auszieh-Leinen als Erziehungsmittel zu betrachten. Dazu ist die Einwirkung viel zu diffus. Aber der Bewegungsradius des Hundes bekommt eine klare Grenze und dem Leinenzwang ist Genüge getan. Um dem Hund durch das Drücken der Arretierung irgendwelche „erzieherischen“ Signale zu geben, halte ich diese Leinen für absolut ungeeignet.
So mag sich denn jeder, der einen Hund hat, einmal fragen, welche Bedeutung der Hundeleine für ihn persönlich im Zusammenleben mit seinem Tier zukommt und ob er seine Einstellung vielleicht überdenken und modifizieren sollte.
Natürlich werden viele die Erwähnung weiterer Leinentypen hier vermissen, etwa der Schleppleine oder des Schweißriemens. Dazu werde ich aber lieber eigene Stichworte machen, denn erfahrungsgemäss werden Artikel in Überlänge im Internet meist nicht gelesen.
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