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Begriffe rund um Hunde

Welten


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Es mag sein, dass es nur eine Welt gibt. Aber die Individuen, die auf dieser Welt leben, können durchaus in ganz verschiedenen Erlebens-Welten zuhause sein.

Das gilt für Hunde nicht weniger als für die Menschen auf Erden.

Wie unterschiedlich können doch Weltbild und Ansprüche unterschiedlicher Hunde sein! Ebenso wie die Menschen als Menschen haben natürlich alle Hunde als Hunde Gemeinsamkeiten, die sie eben als Hunde kennzeichnen. Über diese weiter nachzudenken, gehört an eine andere Stelle.

Die Menschheit hat sich für jeden Zweck, zu dem Hunde eingesetzt werden können, den passenden Spezialisten erzüchtet. Daher sind Hunde so geradezu unglaublich verschieden voneinander. Modeschnickschnack in der Hundezucht will ich hier mal außen vor lassen. Aber nicht nur der Einsatzzweck unterscheidet die Zuchtziele, auch die Region, in der sie entstehen bzw. entstanden sind, spielt eine gewichtige Rolle mit – obwohl man natürlich darüber streiten könnte, ob diese als Bestandteil des Einsatzzwecks gesehen werden muss.

Warum ist das alles für den heutigen Hundehalter in Deutschland wichtig? Weil er vor der Qual der Wahl steht, wenn er sich für einen neuen Lebensgefährten in Gestalt eines Hundes entscheiden möchte. Was benötigt, wenn man dieses Wort verzeihen will, man denn für einen Hund? Man benötigt eigentlich einen Hund, der in die eigene Lebenswirklichkeit hineinpasst. In die eigene Welt also, in die sich der neue Hund integrieren soll.

Es gibt in gerade in der heutigen Zeit sehr viele Menschen, denen es ein Anliegen ist, ein wenig mehr zum Ursprünglichen und Natürlichen zurückzukehren. Dieses Anliegen übertragen viele auch darauf, welchen Hund sie für sich aussuchen. Sie meinen dann, dass sie mit einer so genannten ursprünglichen Rasse aus einer fremden Gegend der Welt Ihrem Ziel näher kommen können, weil dort eben noch nicht so hyper-zivilisierte Verhältnisse herrschen wie bei uns. Aber: wo sind denn die Lebensverhältnisse hier bei uns, die die betreffende Rasse zuhause in ihrem Ursprungsland vorfindet und die dazu beigetragen haben, dass diese Rasse so geworden ist, wie sie eben heute ist? Verhältnisse, die das Individuum eigentlich benötigt, um seiner Veranlagung gemäß leben zu können. Seine Welt eben. Seine Welt gibt es hier bei uns nämlich nicht.

Daher kann es sehr schnell zu einer großen Enttäuschung werden, wenn man sich einen solchen Hund aus fernen Ländern zulegt. Ganz gleich, wie verständlich die Motive für die Anschaffung eines solchen Tieres auch sind. Aber ein Herdenschutzhund aus dem Kaukasus ist nun einmal daran angepasst, mit einer Herde von Schafen und Ziegen im Kaukasus zu leben und diese Herde gegen alle Eindringlinge zu verteidigen. Bedingungslos. Dazu gehört eine Veranlagung, die im Umfeld einer durchschnittlichen deutschen Wohnbesiedlung leicht Probleme aufwerfen kann.

Aber auch unter den bereits seit langem hier vertretenen Rassen gibt es natürlich viele, die nicht zu jedem passen können. Da wären, um ein Beispiel zu nennen, etwa die Windhunde. Mir persönlich sind das äußerst sympathische, weil sehr ursprüngliche, selbstbewusste, alte und faszinierende Rassen, gerade die Barsois. Trotzdem fällt es mir nicht ein, mir selbst jemals einen solchen Hund zuzulegen. Denn er passt nicht in die Lebensumstände hinein, die ich für mich bevorzuge. Ich müsste dann ganz speziell für diesen Hund da sein wollen und einen großen Teil meiner Zeit dafür verwenden, ihm den Ausgleich zu verschaffen, den er zu seiner Zufriedenheit benötigt. Wer so etwas möchte und genau das zu seinem Hobby, um nicht zu sagen zu seinem Lebensinhalt, erklären will und sich sicher ist, dass das auch noch in zehn Jahren so sein wird, der kann überlegen, sich ein solches Tier zuzulegen. Jeder andere nicht. Ein solches Tier benötigt nämlich Umstände, die seiner Welt entsprechen und wo es die nicht gibt, da muss ein tragfähiger Ersatz geschaffen werden.

Innerhalb der hier verbreitet lebenden und grundsätzlich passenden Hunderassen gibt es durchaus Exemplare, mit denen nicht jeder zurecht kommen kann. Eine sehr beliebte Rasse sind zum Beispiel die Labbies (Labrador Retriever). Ich finde, eine hoch sympathische Rasse, die es aber unter Umständen auch in sich haben kann. Denn besonders die Rüden können wahre Powerplayer sein, die in eine konsequente Führung nötig haben und unbedingt beschäftigt sein wollen. Das ist grundsätzlich nichts negatives – ganz im Gegenteil! Aber man muss es eben vorher wissen. Bei allem Temperament und Tatendrang ist mir übrigens noch nie einer begegnet ist, der in irgendeiner Form unfreundlich war. Diese Kerls sind einfach alberne Draufgänger und jederzeit zu einem derben Jux bereit! Klasse – ich mag das. Das Wesen der Hündinnen habe ich in aller Regel als wesentlich gemäßigter erlebt. Von Bedeutung ist sicher auch, dass gerade die Labradors als Teil ihres Erbes als Apportierhunde bei der Wasserjagd gern ins Wasser gehen und wer einen Gartenteich hat, wird einen Teil von dessen Inhalt vielleicht gelegentlich im Haus wieder finden.

Man muss so etwas wissen, bevor man einen Hund in sein Leben und in die eigene Welt holt. Da hinein und zum eigenen Temperament muss er passen. Nur dann werden die Jahre mit dem Hund für beide Teile wirklich erfreulich.

Oft sehr umgänglich und mit anderen Hunden gut verträglich sind viele Jagdhunde. Aber man muss auch hier bereit sein, diese Hunde ihrer Veranlagung entsprechend zu beschäftigen. Wenn man nämlich kein Jäger ist, dann fehlt einem Jagdhund etwas. Es sei denn, dass der Besitzer bereit ist, die Zeit aufzuwenden und diesem Hund Ersatzarbeit zu verschaffen. Was genau einem Hund fehlt, der als Jagdhund mit Jagen nichts zu tun haben darf, kann eigentlich nur der ermessen, der die Situation des Hundes auf der Jagd hautnah selbst erlebt hat. Erst dann kann man wirklich erfassen, welche Energien in solchen Gebrauchshunden im Alltag nur schlummern.

Seit einigen Jahren In Mode sind auch britische Hütehunde und ähnliche Rassen. Warum auch immer. Unter den Bordercollies, manchmal auch unter den Australian Shepherds findet man ebenso agile, arbeits- und bewegungsbedürftige Tiere wie etwa bei den Altdeutschen Hütehunden. Das geht bis hin zur – mindestens erlebten aber eigentlich auch tatsächlich vorhandenen – Hyperaktivität der betreffenden Tiere. Es ist sehr schwierig so einem Hund zu einem ausgeglichenen Lebenslauf zu verhelfen, um ihn zu einem halbwegs erträglichen Hausgenossen zu machen.

Aus dem bisher gesagten ergibt sich ganz von selbst, dass das Aussehen eines Hundes nicht das Hauptkriterium bei der Auswahl sein kann. Denn das, was hinterher im Umgang und im täglichen Leben zählt, das sind doch ganz eindeutig mehr die inneren Eigenschaften des Wesens und Verhaltens des eigenen Hundes. Das entscheidet darüber, ob man miteinander harmoniert oder sich gegenseitig auf den Geist geht.

Daher ist mir ein landläufiger Mischling aus hier vorhandenen Hunden unter Umständen deutlich lieber als ein hochedles Tier aus einer Gebrauchsrasse oder ein Import aus einer wilden, erst halb zivilisierten Gegend der Welt, für den ich keinerlei Verwendung finden kann und für den ich meinen Alltag vollkommen umkrempeln müsste. Jedem, der das auch nicht will, kann ich nur empfehlen, es ähnlich zu sehen. Übrigens ist auch der landläufige Mischling ein Abkömmling der Wolfssippe und bei näherem Hinsehen kann man erkennen, dass auch er der ursprünglichen Natur noch wesentlich näher steht als der durchschnittliche Zivilisationskrüppel, zu dem die meisten Exemplare unserer Art geworden sind, ich nehme mich selbst da garnicht aus.

Darum, liebe Hundefreundinnen und Hundefreunde, gehen Sie nicht allzu idealisiert sondern absolut realistisch an die Auswahl eines Hundes heran, denn Sie wollen immerhin zwölf und mehr Jahre in mit seinem Temperament, seinem Wesen und seinem Ausmaß an Beschäftigung, die er verlangt, zusammen leben können. Und das in Ihrer Welt!

Tags: Hunde-ABC W

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